Helene Hanff (1917-1997) unterhielt kurz nach dem zweiten Weltkrieg über 20 Jahre lang einen Briefwechsel mit einem Londoner Antiquariatsbuchhändler. Die zunächst rein geschäftliche Korrespondenz entwickelte sich zunehmend zu einer Brieffreundschaft, obwohl sie sich nie persönlich trafen. Mehrere Einladungen nach London scheiterten entweder an den finanziellen Mitteln oder an Krankheiten. Der Tod des liebgewonnenen Brieffreunds war der Anlass für die mäßig erfolgreiche Theaterautorin, den Briefwechsel („84, Charing Cross Road„) 1970 zu veröffentlichen. Anlässlich der Buchveröffentlichung in England lud ihr Londoner Verleger sie 1971 ein. So kam es zu der Reise, von der sie schon lange träumte. Sie schrieb Tagebuch und fühlte sich als
„Herzogin der Bloomsbury Street“, die Adresse ihres Hotels.
„Theoretisch war es einer der glücklichsten Tage meines Lebens: Donnerstag, den 17. Juni 1971. Die BOAC hob pünktlich um zehn Uhr vormittags vom J.-F.-Kennedy-Flughafen ab. Nachdem ich mein Leben lang auf diesen Moment gewartet hatte, war ich endlich unterwegs nach London. Andererseits aber hatte ich furchtbare Angst, allein ins Ausland zu reisen (ich hatte ja sogar Angst, allein nach Queens oder Brooklyn zu fahren, ich verirre mich nämlich leicht), und ich hatte keine Ahnung, was ich tun würde, wenn etwas schief ging und niemand mich am Flughafen abholte …“
aus „Die Herzogin der Bloomsbury Street“ © Hoffmann und Campe
Es geht nichts schief! Für einige Wochen wird die bescheidene New Yorkerin, zum gefeierten Star: Interviews, Einladungen, Theaterbesuche und Ausflüge – ihr Terminkalender ist übervoll, und Helene Hanff setzt alles daran, sich nichts, aber auch rein gar nichts entgehen zu lassen.
Ihr zeitloses, scharfsinniges und selbstironisches Tagebuch ist hinreißend und voller Lebensmut.