Katharina Schütz liest L‘ Amant
Die schon siebzigjährige Schriftstellerin schrieb diesen wunderbaren Roman über die erste Liebe eines fünfzehnjährigen französischen Mädchens zu einem doppelt so alten Chinesen im Saigon von 1929, als auch Duras selbst 15 Jahre alt war und dort zur Schule ging.
Als der Roman 1984 herauskam, löste er in Frankreich einen großen Skandal aus. Trotzdem wurde er mit dem Prix Goncourt, der größten literarischen Auszeichnung Frankreichs, ausgezeichnet. „Ein Buch verführt seine Leser“ begeisterte sich Marcel Reich-Ranicki.
Lassen Sie sich auch verführen.
„Plötzlich weiß sie, jetzt, daß er außerstande ist, solche Verderbtheit zu verstehen. Sie sagt zu ihm: ich würde es vorziehen, wenn Sie mich nicht liebten. Er sagt: Sie sind mir hierher gefolgt, wie Sie irgend jemandem gefolgt wären. Sie antwortet, das könne sie nicht wissen, sie sei noch nie jemandem in ein Zimmer gefolgt. Sie sagt, sie wolle nicht, daß er mit ihr rede, sie wolle, daß er tue, was er üblicherweise mit Frauen tut, die er in seine Wohnung mitnimmt. Er hat ihr das Kleid vom Leib gerissen, er wirft es zu Boden und trägt sie nackt zum Bett. Und dann dreht er sich zur anderen Bettseite und weint. Und sie, langsam, geduldig, holt ihn zu sich zurück und beginnt ihn auszukleiden. Mit geschlossenen Augen tut sie es. Langsam. Seine Haut ist von prachtvoller Zartheit …“ aus „Der Liebhaber“ von Marguerite Duras © Suhrkamp
Indochina, 20er Jahre im letzten Jahrhundert: eine französiche Kolonie auf dem Weg in die Unabhängigkeit. Wir begegnen einer uns fremden Zeit und Kultur, sowie der verwirrten Gefühlswelt einer fünfzehnjährigen Frau. Gefangen in problematischen Familienverhältnissen beginnt sie eine Liebesaffaire mit einem wohlhabenden, älteren Chinesen. Aber die Beiden entstammen unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, denen der Umgang miteinander untersagt ist…